Conversation on the Edge #2
Anlässlich des 70. Geburtstag von Beat Furrer fand am 6. Dezember 2024 in der Helmut List Halle ein vom Schallfeld Ensemble und Cantando Admont organisiertes Jubiläumskonzert statt. Gefeiert wurde Beat Furrer, jener Komponist, der in den letzten 30 Jahren zentrale Impulse in der zeitgenössischen Musik über die österreichischen Grenzen gesetzt hat.
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Am Programm standen neben Werken von Furrer auch Kompositionen von Franco Donatoni und Claudio Monteverdi. Furrer, der das Konzert auch dirigierte, (er)schuf Klangräume und -bilder, in denen sich neue Hör-Dimensionen auftaten: pulsierende Intensität und harmonische Lieblichkeit erweiterten sich mit teils konkurrierenden Tönen zu neuen Klangwelten, die wiederum durch Stimmen, Schreie, andere Klänge aber auch Stille ergänzt beziehungsweise konterkariert wurden.
Im Anschluss an das Konzert fand ein moderiertes Gespräch zwischen dem Komponist Beat Furrer und der Soziologin Gisèle Sapiro statt – eine Sonderausgabe des interdisziplinären Diskussionsformats Conversation on the Edge.
Furrer gab Einblicke wie er in Klängen denkt, diese sammelt, reflektiert und daraus wiederum eine neue Sprache konzipiert. Er beschrieb wie sich Form und Raum in seiner Klangwelt (dis)kontinuierlich entwickeln, wie zum Beispiel das Motiv des Schnees – das klanglich für Stille, Ruhe und Geräuschlosigkeit steht – bei genauerem Hinhören ebenfalls über eine Stimme verfügt, die er in seine Klanglandschaften integriert oder wie die Worte von Pythagoras, Ovid, Schnitzler und Bachmann Ausgangspunkt für von ihm erschaffene Klang- und Textfragmente werden.
Über die Vortragenden
Beat Furrer
Beat Furrer, geboren 1954 in Schaffhausen in der Schweiz, erhielt seine erste musikalische Ausbildung am Klavier an der dortigen Musikschule. 1975 zog er nach Wien, um an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst bei Otmar Suitner Dirigieren und bei Roman Haubenstock-Ramati Komposition zu studieren. 1985 gründete er das Klangforum Wien, das er bis 1992 leitete und dem er bis jetzt als Dirigent verbunden ist. Seine erste Oper „Die Blinden“, schrieb er im Auftrag der Wiener Staatsoper. Dieser folgte „Narcissus“, uraufgeführt 1994 an der Grazer Oper im Rahmen des Festivals steirischen herbst. 1996 war er „Composer in Residence“ bei den Musikfestwochen Luzern. Weitere bedeutende Werke sind das Musiktheater „Begehren“ (2001 in Graz), die Oper „invocation“ (2003 in Zürich) und das Hörtheater "FAMA" (2005 in Donaueschingen). Seit 1991 ist Furrer Professor für Komposition in Graz und gründete Ende der 1990er Jahre mit Ernst Kovacic die Akademie „impuls“. Eine Gastprofessur für Komposition nahm er 2006 bis 2009 an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt wahr. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Musikpreis der Stadt Wien (2004), den Goldenen Löwen der Biennale Venedig (2006), den Großen Österreichischen Staatspreis (2014) und den Ernst-von-Siemens Musikpreis (2018). Seine Oper „Violetter Schnee“ wurde 2019 in Berlin uraufgeführt. „Das große Feuer“ folgt 2025 in Zürich als Uraufführung. Furrers Werk umfasst Solo- und Kammermusik sowie Ensemble-, Chor-, Orchester- und Opernkompositionen.
Gisèle Sapiro
Gisèle Sapiro ist eine französische Soziologin und Historikerin, Forschungsdirektorin am CNRS (Centre national de la recherche scientifique), Mitglied der Academia Europaea und Professorin an der EHESS (Ecole des hautes etudes en Sciences sociales). Ihre Arbeiten stehen in der Tradition des Denkens von Pierre Bourdieu. Nach Forschungen über französische Schriftsteller im Vichy-Regime und der Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg widmete sie sich der Globalisierung und der Zirkulation von Texten. 2024 erhielt sie den Humboldt-Forschungspreis. In mehreren Büchern arbeitete sie an kultursoziologischen Fragestellungen. So hat sie u.a. den Begriff der Verantwortung der Autorin und des Autors gegenüber dem Werk und der Gesellschaft hinterfragt. Ihr aktuelles Projekt behandelt Weltautor:innenschaft und die Rolle von Vermittler:innen und Übersetzer:innen.